Biolandwirt warnt vor geplantem Handelsabkommen

Mit Warnungen vor Chlor-Hühnchen, Gen-Essen und Hormonfleisch machen die Gegner des geplanten Freihandelsabkommens zwischen der Europäischen Union (EU) und den USA mobil. Wie die Pläne genau aussehen, ist unklar, die Verhandlungen sind geheim. Das ärgert Ralf Wey mächtig. Über das, was in Zukunft auf unserem Teller landen könnte, hält der Erste Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft Rheinland-Pfalz/Saarland am Mittwoch, 29. Januar, um 20 Uhr einen Vortrag für alle Interessierten beim Plaidter Gartenbauverein. Er referiert im Anschluss an die Jahreshauptversammlung des Vereins in der Dorfschänke, Niederstraße 20b.

Welche Auswirkungen das Freihandelsabkommen (TTIP), das frühestens Ende 2015 fertig sein soll, auf unser Essen haben könnte, erklärt Biolandwirt Wey im Gespräch mit unserer Zeitung.

In den USA sind gentechnisch veränderte Soja- und Maispflanzen weit verbreitet. Obwohl die Mehrheit der Deutschen Gentechnik im Essen ablehnt, könnte sie aufgrund des Abkommens zukünftig auf ihrem Teller landen?

Exakt. Deswegen wäre es schön, wenn die Verbraucher sich im Laden oder der Kantine informieren, wo ihr Essen herkommt. Die Hühner werden in den USA mit einem Chlorbad behandelt. Nach Angaben der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit ist das gesundheitlich unbedenklich. Warum haben Sie trotzdem Vorbehalte gegen die Chlor-Hühnchen? Wenn ich ins Schwimmbad gehe, schlucke ich jedes Mal Chlorwasser. Dann wird das Leitungswasser, wenn zum Beispiel Fremdwasser eingedrungen ist, nachgechlort. Das reicht mir, ich muss das nicht noch auf dem Teller haben.

Groß ist die Angst der Freihandelsgegner auch vor Rindfleisch, das in den USA mit wachstumsfördernden Hormonen behandelt wird, was in der EU verboten ist. Der EU-Handelskommissar Karel de Gucht hat deutlich gesagt, die EU-Standards werden nicht abgesenkt. Glauben Sie dem Kommissar nicht?

Das Verbot der Milchsäurebehandlung von Rindfleisch hat die EU bereits als Zugeständnis gegenüber den USA über Bord geworfen, damit die Gespräche weiterlaufen. Mit der Behandlung wird das Salmonellenrisiko zwar gesenkt, aber bei einer guten Schlachtpraxis reicht die Behandlung der Schlachthälften mit Trinkwasser aus. Die Bakterien lassen auch das Fleisch schneller reifen, dadurch wird der Abhängeprozess verkürzt.

In der EU ist die Käfighaltung von Hühnern verboten, in den USA erlaubt. Erwarten Sie, dass Käfigeier zum Beispiel über das Volleipulver in Fertiggerichten wieder auf deutschen Tellern landen?

Wenn die Käfigeier nicht aus den USA kommen, dann aus Osteuropa. Wir sehen mit Sorge, dass die Käfige, die hier deinstalliert wurden, in den Osten gebracht und dort wieder aufgebaut werden. Die Mentalität „je günstiger, desto besser“ ist gerade unter uns Deutschen weit verbreitet. Aber dass „immer billiger“ mit einer gleichbleibenden oder sogar höheren Lebensmittelqualität vereinbar ist, habe ich noch nicht erlebt.

Sie meinen, es ist dem Verbraucher egal, ob sein Ei vom Käfighuhn stammt, Hauptsache es ist billig?

Jein, nicht allen. Wir haben glücklicherweise immer mehr Verbraucher, die das durchschauen und stärker regional einkaufen – das müssen auch nicht immer Bioprodukte sein. Wir Verbraucher haben die Chance, etwas zu ändern, wenn wir andere Produkte nachfragen – vielleicht nicht beim Hartdiscounter, aber beim Bioladen oder anderen Supermarktketten, die auf regionale Produkte setzen.

Das Abkommen sieht vor, dass die Zölle auf landwirtschaftliche Produkte abgebaut werden. Eröffnet das den Landwirten aus Rheinland- Pfalz neue Absatzmärkte in den USA?

Ich bin da skeptisch, weil die angeblich noch vorhandenen Handelshemmnisse aus Verbrauchersicht unglaublich wichtig sind. Wir haben in Deutschland ein Vorsorgeprinzip, das heißt, es muss erst einmal erforscht werden, ob eine neue Technik unschädlich ist. Die USA probieren erst einmal, wie es funktioniert, zum Beispiel bei der Gentechnik, und schauen dann, welche Schäden entstehen. Zudem wird Energie in Zukunft eher teurer werden, und deshalb ergibt es keinen Sinn landwirtschaftliche Produkte in die USA zu exportieren.

US-Rindfleisch ist günstiger als EUFleisch. Geraten die hiesigen Landwirte durch das Abkommen unter Preisdruck?

Ja. Unser Rindfleisch ist aber nur teurer, weil wir höhere Umwelt- und Sozialstandards haben. Wir beschäftigen keine Mexikaner für 1, 2 oder 5 Euro am Tag. Und die Umweltauflagen sind für den Verbraucherschutz immens wichtig. Aber wir leben in einer kapitalistischen Welt, und darin geht das Kapital zum Produzieren dorthin, wo die Kosten am niedrigsten sind.

Die EU erwartet ein höheres Wirtschaftswachstum und sinkende Arbeitslosenzahlen von dem Handelsabkommen. Überwiegen für Sie trotzdem die Nachteile?

Ja, denn selbst die wohlwollendsten Gutachter kommen nur auf sehr niedrige Wachstumssätze.

Das Gespräch führte unsere Mitarbeiterin Yvonne Stock
Zeitungsbericht vom 28.01.2013 der Rhein-Zeitung

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