EIN JAHR ÖZDEMIR: „MUTLOS, ZU WENIG, ZU LANGSAM“

Am 8. Dezember 2022 ist Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir ein Jahr im Amt. Die bisherige Bilanz des Ministers ist aus Sicht der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) e.V. ernüchternd. „Mutlos, zu wenig, zu langsam, zu viele Zugeständnisse gegenüber der Agrarindustrie und der Bauernverbandsspitze“, so fasst ABL-BUNDESGESCHÄFTSFÜHRER GEORG JANßEN das erste Jahr Agrarpolitik des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) unter der neuen grünen Hausleitung zusammen.

Gelegenheiten, die längst überfälligen Veränderungen in der Agrarpolitik und Landwirtschaft einzuleiten, hätte es aus Sicht der ABL-BUNDESVORSITZENDEN ELISABETH FRESEN durchaus gegeben. „Minister Özdemir hatte die große Chance, die Versäumnisse der Vorgängerregierung bei der Reform der Gemeinsamen Europäischen Agrarpolitik (GAP) zu korrigieren, und hat diese ohne erkennbare Haltung und nennenswerte Verbesserungen einfach ziehen lassen. Mehr noch, er hat der Spitze des Bauernverbandes nachgegeben und Aspekte der Nachhaltigkeit, wider besseren Wissens, hinter eine Ausweitung der Produktion gestellt.“ Fresen fährt fort: „Aktuell profitieren von der GAP einmal mehr vor allem industrialisierte Großbetriebe, nicht die bäuerliche Landwirtschaft mit ihren wertvollen Leistungen für lebendige ländliche Räume.“

Eine ebenso schlechte Bilanz zieht der ABL-VORSITZENDE MARTIN SCHULZ beim Umbau der Tierhaltung. „Mit den Vorschlägen der Borchert-Kommission lag bei Amtsantritt des Ministers ein schlüssiges und breit getragenes Gesamtkonzept für einen gesellschaftlich akzeptierten Umbau der Tierhaltung samt Kennzeichnung vor. Anstatt dieses umzusetzen, hat die Hausleitung des BMEL sich dafür entschieden Klientelpolitik für wenige zu machen. Ganz nach dem Vorbild der Vorgängerregierung, nur in Grün. Gleichzeitig nimmt sie billigend in Kauf, dass eine durchaus nötige Reduktion von Tierzahlen durch die massenhafte Aufgabe bäuerlicher Betriebe vonstatten geht. Auch hier sind die Profiteure agrarindustriell aufgestellte Tierhaltungsbetriebe im In- und Ausland.“

Die AbL fordert Minister Özdemir auf, für sein zweites Amtsjahr einen agrarpolitischen Aktionsplan aufzulegen, der mindestens die folgenden Punkte umfasst:

* WEITERENTWICKLUNG DES GAP-STRATEGIEPLANES durch Einführung einer gerechten Verteilung der Fördermittel anhand einer Staffelung nach Betriebsgröße sowie eine Steigerung des Budgets zur Entlohnung von Umwelt-, Klima- und Tierwohlleistungen und eine Stärkung von Grünlandbetrieben.

* UMBAU DER TIERHALTUNG IM SINNE DER BORCHERT-KOMMISSION mit einer Perspektive für alle tierhaltenden Betriebe durch eine Ausweitung der Kennzeichnung auf alle Tierarten sowie ein solides und für die Betriebe langfristig vertraglich abgesichertes Finanzierungskonzept. Was Wirtschaftsminister Robert Habeck mit seinen Klimaschutzverträgen für die Industrie machen will – 15 Jahresverträge über Investitions- und Betriebskosten für die Umstellung auf mehr Klimaschutz – muss Minister Özdemir für den Umbau der Tierhaltung anbieten.

* KONSEQUENTER KLIMASCHUTZ durch Wiedervernässung von Mooren bei gleichzeitiger Sicherstellung einer wirtschaftlichen Perspektive für die betroffenen Betriebe sowie die Sicherstellung einer ausreichenden wirtschaftlichen Teilhabe am Ausbau der Erneuerbaren Energien für bäuerliche Betriebe.

* Sicherstellung der REINHALTUNG VON LUFT UND WASSER durch eine deutliche Reduktion der Stickstoffüberschüsse anhand einer verursachergerechten, einzelbetrieblichen Umsetzung der Düngeverordnung auf Basis einer sachgerechten Novellierung der Stoffstrom-bilanzverordnung. Betriebe, die deutlich besser sind als der gesetzliche Mindeststandard, sind hierfür zu entlohnen.

* Klare Positionierung für den ERHALT EINER GENTECHNIKFREIEN LAND- UND LEBENSMITTELWIRTSCHAFT durch eine STRENGE REGULIERUNG DER NEUEN GENTECHNIK und eine proaktive Vertretung dieser Position innerhalb der EU.

* Sicherstellung von gerechten Erzeugerpreisen und Marktregeln in Krisenzeiten durch Festschreibung von Lieferverträgen zwischen Erzeugern und Verarbeitern mit der Festlegung von Mengen, Qualitäten, Zeiträumen und Mindestpreisen samt Zuzahlungen für Nachhaltigkeit auf Basis der Artikel 148 und 210a der Verordnung über eine gemeinsame Organisation der Agrarmärkte der EU (GMO).

* STOPP VON AUßERLANDWIRTSCHAFTLICHEN INVESTOREN auf dem landwirtschaftlichen Bodenmarkt und FÖRDERUNG DES ZUGANGS ZU ACKER- UND GRÜNLANDFLÄCHEN FÜR EXISTENZGRÜNDER sowie Betriebe mit wenig Eigenland durch eine klare Position das die Auslöseschwelle der Grunderwerbsteuer bei Anteilskäufen weiter abgesenkt, und die Einführung einer Freibetragsregelung für Existenzgründer beschlossen, werden muss.

* ERARBEITUNG EINER FLÄCHENDECKENDEN UND LANGFRISTIGEN PFLANZENSCHUTZMITTELREDUKTIONSSTRATEGIE, die nicht einseitig auf Verbote setzt, sondern die betroffenen Bäuerinnen und Bauern mitnimmt und ihnen einen langfristigen und verlässlichen Rahmen bietet.

Vom 8.12.2022 bis zum 10.12.2022 wird die AbL auf ihrer agrarpolitischen Jahrestagung und Mitgliederversammlung die oben genannten Themen beraten und vertiefend behandeln. Für Elisabeth Fresen ist gleichwohl schon jetzt klar: “Die AbL hat sich schon immer mit konstruktiven Lösungsvorschlägen an der agrarpolitischen Debatte beteiligt und wird dies auch weiterhin tun. Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir muss im kommenden Jahr aber sicherlich damit rechnen, dass wir uns lauter und kritischer zu Wort melden als bisher.“ Eine gute Gelegenheit bietet aus Sicht der AbL-Vorsitzenden hierzu die Demonstration „Wir haben es satt!“, welche am 21.01.2023 in Berlin stattfinden wird.

Breites Verbändebündnis übergibt Petition an Bundeslandwirtschafts- und Bundesumweltministerium

Berlin, 01.12.2022. Vor dem Bundeskanzleramt wurden heute 420.757 Unterschriften der Petition „Nicht hinter unserem Rücken – kein Freifahrtschein für neue Gentechnik in unserem Essen!“ von Vertreterinnen und Vertretern eines breiten Bündnisses von Organisationen aus Umwelt- und Verbraucherschutz sowie Land- und Lebensmittelwirtschaft an die Parlamentarischen Staatssekretärinnen Dr. Bettina Hoffmann (Bundesumweltministerium) und Dr. Manuela Rottmann (Bundeslandwirtschaftsministerium) übergeben.

Vertreterinnen und Vertreter der Verbände machten bei der Übergabe deutlich, warum eine konsequente Regulierung gentechnischer Verfahren und ihrer Produkte jetzt und in Zukunft zwingend notwendig ist:

_„Gentechnisch veränderte Organismen können, wenn sie einmal in die Umwelt freigesetzt wurden, nicht zurückgeholt werden“, _betont FLORIAN SCHÖNE, Geschäftsführer des Umweltdachverbands Deutscher Naturschutzring (DNR)_. „Landwirtschaft findet in offenen Ökosystemen statt. Veränderungen in der landwirtschaftlichen Produktion wirken auch auf das hochkomplexe Netzwerk von Organismen in und auf Boden, Wasser und Luft. Auch bei neueren gentechnischen Verfahren sind „off-target-Effekte“ zu erwarten, die Risiken für die Umwelt bedeuten können. Das Vorsorgeprinzip in den EU-Verträgen verpflichtet uns zu einer gründlichen Risikoprüfung vor jeder Freisetzung, das muss auch zukünftig gelten!“ _

_„Bäuerinnen und Bauern wollen auch in Zukunft das Recht haben, gentechnikfrei zu erzeugen. Voraussetzung dafür ist die strikte Regulierung auch der neuen Gentechniken nach EU-Gentechnikrecht und die Umsetzung des EU-Vorsorgeprinzips. Nur so können wir uns vor Gentechnik-Verunreinigungen im Saatgut, in Futtermitteln und in unseren Ernten schützen. Die durchgesickerten Pläne der EU-Kommission sind besorgniserregend. Nach dem Motto: Profite für Konzerne – und Bäuerinnen und Bauern sollen auf den Schäden sitzen bleiben. Nicht mit uns. Wir erwarten eine klare Haltung der Ministerien zum Schutz der Gentechnikfreiheit!“, _so GEORG JANßEN, Bundesgeschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL).

PETER RÖHRIG, geschäftsführender Vorstand Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW), ergänzt:_ „„Gentechnik in der Landwirtschaft schafft Abhängigkeiten durch Patente und ist riskant. Für eine sichere Ernährung, die Böden und Wasser, Artenvielfalt und Klima schützt, sorgt der Öko-Landbau. Bio wirtschaftet ohne Gentechnik – und das soll so bleiben! Wenn die EU-Kommission das Gentechnikrecht verwässern will und die Bundesregierung das zulässt, torpedieren sie damit die eigenen Ziele zur Ausweitung von Bio, die für den Schutz unserer Lebensgrundlagen und für eine resiliente Land- und Lebensmittelwirtschaft so wichtig sind. Europas Bürgerinnen und Bürger wollen keine Gentechnik auf Acker und Teller! Das muss die Politik respektieren, statt sich zum Erfüllungsgehilfen der Gentechnik-Lobby zu machen!“ _

HINTERGRUND Die heute übergebene Petition wurde von 420.757 Personen in einem Zeitfenster von ca. sechs Monaten gezeichnet und richtet sich an die EU-Kommission sowie die Bundesministerien für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) und für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV). Die Kernforderungen der Petition lauten:

* Auch neue gentechnisch veränderte Organismen (GVO) müssen so gekennzeichnet werden, dass Verbraucherinnen, Bauern, Züchterinnen und Unternehmen aus Handel und Verarbeitung sie jederzeit erkennen und vermeiden können.

* Auch neue GVO müssen weiterhin entsprechend dem EU-Vorsorgeprinzip einer Risikoprüfung und -bewertung unterzogen werden. * Rückverfolgbarkeit und Nachweisverfahren müssten eine Zulassungsvoraussetzung für GVO bleiben, ebenso die Rückholbarkeit. Wer GVO auf den Markt bringt, muss für Risiken und Folgeschäden haften.

* EU, Bund und Länder müssen mehr Forschung zu Umwelt-, Biodiversitäts- und Gesundheitsrisiken neuer GVO, zu ihren sozio-ökonomischen Auswirkungen sowie zur Entwicklung genereller Nachweisverfahren fördern.

* Um eine vielfältige, klimafreundliche und sozial gerechte ökologische und bäuerliche Landwirtschaft voranzubringen, sollten vor allem Forschung und Weiterentwicklung von bewährten und wirksamen gentechnikfreien agrarökologischen Methoden gefördert werden.

Die Petition wird EU-weit von über 50 Organisationen aus Umwelt- und Verbraucherschutz sowie Land- und Lebensmittelwirtschaft getragen.

Jetzt aktiv werden - Gentechnikfreiheit sichern!

Gentechnikfreiheit sichern!Liebe Bäuerinnen und Bauern,

die derzeitigen Bestrebungen der EU-Kommission zur Aufweichung des EU-Gentechnikrechts stellen eine große Gefahr für die gentechnikfreie ökologische und konventionelle Landwirtschaft dar.

Hinter den Kulissen arbeitet die Lobby der Gentechnikindustrie und ihre Wissenschaftler:in­nen daran, das europäische Vorsorgeprinzip, die Kennzeichnungs- und Haftungsregeln zu beseitigen.

Würden die jetzt ans Licht gekommenen Szenarien durchkommen, könnten wir nicht mehr selbstbestimmt entscheiden, was auf unseren Äckern, in unseren Futtermitteltrögen und auf unseren Tellern landet. Eine gentechnikfreie Lebensmittelerzeugung und die Wahlfreiheit wären Geschichte.

Eine Koexistenz wäre nicht möglich, denn wir hätten zukünftig große Schwierigkeiten überhaupt gentechnikfreies Saatgut zu bekommen, wir würden unsere Ernten nicht mehr vor gentechnischen Verunreinigungen schützen können, Kontroll- und Analysekosten würden massiv zunehmen, wir würden unsere Absatzmärkte verlieren. Vor allem Betriebe in Gebieten mit mittleren und kleinen Strukturen wären am schnellsten stark betroffen.

Wenn es jetzt keinen Aufschrei aus der gentechnikfreien Bewegung gibt, bleiben wir Bäue­rinnen und Bauern auf der Strecke! Deshalb müssen wir uns jetzt lautstark zu Wort melden!

Diese Problematik sollte in den Verbänden stärker in den Fokus genommen werden –  es besteht dringender Handlungsbedarf.

Was können wir tun, um die Pläne der EU-Kommission, der Gentechnik-Industrie und einiger Politiker:innen nicht durchkommen zu lassen?

  • Informiert Euch (Infomaterialien im Anhang) und werdet bitte selbst aktiv!
  • Leitet diesen Brief weiter und sprecht mit Euren Nachbar:innen und Kolleg:innen.
  • Wagt es selbst Veranstaltungen zu organisieren und ladet kritische Referent:innen ein. Wir helfen Euch.
  • Nutzt andere Veranstaltungen, um das Thema öffentlich zu machen!
  • Schreibt Leserbriefe bei pro-Gentechnik-Artikeln und bringt Eure praktische Betroffenheit ein.
  • Fordert Eure Verbände auf, mehr öffentlichen Druck zu machen: Sie müssen sich an der aktuellen Debatte lautstark beteiligen, um die Gentechnikfreiheit zu sichern. Die Zeit drängt!
  • Fordert sie auf, Veranstaltungen zu organisieren, das Thema bei den kommenden Mitgliederversammlungen zu setzen oder sprecht es selbst dort an. Fordert das bei Eurem Verband ein und lasst nicht locker

Wir laden Euch ein, Teil unseres Bäuer:innen-Netzwerks für gentechnikfreie Landwirtschaft zu werden und die Gentechnikfreiheit jetzt aktiv mit zu verteidigen!

Wenn Ihr mehr Infos wollt oder von weiteren Aktivitäten erfahren wollt, meldet Euch gerne unter folgender E-Mail-Adresse zurück:

Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.

Berichtet gerne von Euren Aktivitäten oder Aktionsideen. Wir können uns vorstellen, einen Verteiler aufzubauen um Hinweise, Ideen und Aktionen zu teilen.  

 

Wir zählen auf Euch!

Eure

Bärbel Endraß (Biohof Endraß, Wangen im Allgäu, BW)

Birgit Strohmeier (Antonihof, Bad Dürrheim, BW)

Claudia Gerster (Sonnengut, Dietrichsroda, SA)

Elisabeth Waizenegger (Biomilchviehbetrieb im Allgäu, BY)

Ebi Prunzel-Ulrich (ehem. Käsehof, Landolfshausen, Nds),

Franz Häussler (ehem. Bioland­hof Schwörzkirch, BW)

Hans-Joachim Bannier (Obsthof Bielefeld, NRW)

Ralf Wey (Naturlandhof Wey, Moselsürsch, RLP/S)

Maria Heubuch (Milchviehbetrieb Allgäu, BW)

Bernd Schmitz (Hanferhof, Rheinland/Westerwald, NRW)

Ottmar Ilchmann (Milchviehbetrieb Ostfriesland, Nds)

Wolde Mammel (Alb-Leisa Linsenanbauer, Lauterach, BW)

Julius Jacobi (Biohof Jacobi, Körbecke, NRW)

Helmut Peters (konventioneller Ackerbaubetrieb, Siemitz, MV)

Karsten Ellenberg (Ellenbergs Kartoffelvielfalt, Barum, Nds)

Paul-Martin Seiffert (Biolandhof Seiffert, Eiselau-Beimerstetten, BW)

Ernst Unseld (Biolandhof Unseld, Neenstetten, BW)

Heinz Görlich (Albgärtle Bio Obst und Gemüse, Lonsee, BW)

Marlene Herzog (Solawi Wahlbacherhof, Südwestpfalz, S/RLP)

Bernd Voss (Milchviehbetrieb, Nortorf bei Wilster, SH)
Bettina Egle (Demeter-Hof, Ehingen, BW)
Karl-Eugen Kühnle (Biolandhof, Ulm und BDM BW).

Bäuer:innen fordern verantwortungsvollen Umgang mit öffentlichen Flächen

LandgrabbingMit Bannern, Traktoren, Schubkarren und Mistgabeln fordern Bäuerinnen und Bauern der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) am 25. November 2022 gleichzeitig in 35 Städten und Gemeinden eine transparente, faire und gemeinwohlorientierte Verpachtung von landwirtschaftlichen Flächen im Eigentum der öffentlichen Hand. Die dezentrale Trecker-Kundgebung ist diesjähriger Höhepunkt der Kampagne „Gemeinwohlverpachtung jetzt!“.

Erfurt ist im vergangenen Jahr beispielhaft voran gegangen. Deshalb übergeben wir bei unserer Hauptaktion einen Präsentkorb mit lokalen Köstlichkeiten an Oberbürgermeister Bausewein – eine offizielle Gratulation für die Erarbeitung gemeinwohlorientierter Verpachtungskriterien für die städtischen Flächen.

Wir laden Sie herzlich zu dieser Presseaktion in Erfurt ein:

Ort: Fischmarkt, Erfurt, vor dem Rathaus
Zeit: 11.00 Uhr
Redebeiträge: ANDREAS BAUSEWEIN, Oberbürgermeister der Stadt Erfurt - LAURA STRANZL, Junglandwirtin auf der Suche nach Land - ANNE NEUBER, Geschäftsführerin der AbL Mitteldeutschland

Weitere Informationen finden Sie auf der Webseite der AbL Mitteldeutschland.

 

INFORMATIONEN ZUR KAMPAGNE “GEMEINWOHLVERPACHTUNG JETZT!”

Mit der Kampagne fordern Bäuerinnen und Bauern gemeinwohlorientierte Verpachtung der kommunalen Flächen. Öffentliches Land sollte auch öffentlichen Interessen zu gute kommen und nicht nach Höchstpreis an den Meistbietenden vergeben werden. Durch das bisherige Vergabeverfahren werden systematisch kapitalintensive Holdings und Agrarinvestoren gestärkt. Aufgabe einer Kommune sollte es allerdings sein, die Landwirt:innen vor Ort zu unterstützen und die Flächen an Betriebe zu verpachten, welche innerhalb der Gemeinde einen besonderen Mehrwert im Sinne des Gemeinwohls erbringen.

 

HINTERGRUNDINFORMATIONEN ZUM BODENMARKT:

Die Pacht- und Verkaufspreise für landwirtschaftliche Flächen sind in den letzten Jahren enorm angestiegen. Lag der durchschnittliche Pachtpreis für einen Hektar Agrarland im Jahre 2007 noch bei 183 Euro, stieg dieser bis 2016 auf 288 Euro (Destatis). Pachtpreise sind daher so relevant für Bäuerinnen und Bauern, da sie deutschlandweit nur etwa 40% ihrer bewirtschafteten Fläche im Eigentum besitzen.

Der Anstieg der Kaufpreise für landwirtschaftliche Flächen in Deutschland gestaltete sich noch extremer. Kostete ein Hektar Agrarland im Jahr 2007 durchschnittlich 9.205 Euro, waren es 2017 bereits etwa 24.000 Euro (Zahlen des Statistischen Bundesamtes). Die gestiegenen Kauf- und Pachtpreise sind einer der Gründe, weshalb in Deutschland zwischen 2010 und 2020 über 35.000 landwirtschaftliche Betriebe aufgaben.

Dementsprechend nahm die Konzentration des Bodenbesitzes im selben Zeitraum zu. Das Thünen-Institut schätzt, dass 2017 etwa 14 % aller GmbHs und Genossenschaften Ostdeutschlands in Händen außerlandwirtschaftlicher Investoren lag – Tendenz steigend.

Es zeigt sich: Landgrabbing ist nicht nur ein Phänomen des Globalen Süden, es findet auch direkt vor unserer Haustüre in Deutschland statt. Während kapitalstarke (Groß-)Betriebe wachsen, die ihr Land in der Regel agrarindustriell bewirtschaften, fällt es bäuerlichen Betrieben zunehmend schwerer, an Land zu kommen bzw. ihr Land zu sichern. Gleichzeitig erschweren die steigenden Landpreise und der Druck auf dem Bodenmarkt Junglandwirt*innen – gerade ohne Erbland – den Zugang zu bewirtschaftbaren Flächen und die eigene Betriebsgründung. Der lang ersehnte Nachwuchs in der Landwirtschaft bleibt auch deshalb aus.

 

Die komplette Pressemitteilung können Sie hier als PDF herunterladen.

Kritisiert werden insbesondere Abstandssonderregelungen für Agroforstsysteme

Am 21.02.2022 wurde der GAP-Strategieplan von der Bundesrepublik Deutschland offiell bekanntgegeben. Darin soll die Weichenstellung für die künftige Landwirtschaft und die Entwicklung der ländlichen Räume geregelt werden. Doch seitens der EU-Kommission wurden nach Veröffentlichung dieses Entwurfs viele Fragen aufgeworfen und z.T. auch deutliche Kritik hervorgebracht. Angesichts dieser Tatsachen muss Deutschland den GAP-Strategieplan nochmals überarbeiten und bei der EU-Kommission einreichen. Darüber werden auch die Agrarminister bei ihrem nächsten Treffen in Quedlinburg vom 14. - 16.9. zu beraten haben, denn viel Zeit verbleibt nicht mehr.

In einer gemeinsamen bundesweiten Stellungnahme fordern zahlreiche Landesverbände der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) die Minister nun zu deutlichen Nachbesserungen auf. Daniel Fischer, Agroforst-Beauftragter der AbL Mitteldeutschland und Koordinator der gemeinsamen Aktion, gibt dazu bekannt:

„Die beteiligten AbL-Landesverbände begrüßen zunächst ausdrücklich das klare Bekenntnis der Agrarminister vom 28.07.2022 bezüglich der Versorgungssicherheit, des Umwelt- und Klimaschutzes, des Erhalts der Biodiversität sowie der Einkommenssicherung bei den landwirtschaftlichen Betrieben. Demnach müssen diese Handlungsfelder trotz schwieriger Ausgangslage weiterhin zusammengedacht werden, um die gegenwärtigen und zukünftigen Herausforderungen entschlossen, zielgerichtet und lösungsorientiert zu bewältigen.

Wir sehen jedoch die große Gefahr, dass im Zuge der GAP-Reform bürokratische Reglungen oder Hemmnisse eingeführt werden, welche diese wichtigen Zielsetzungen aushebeln und letztendlich zunichte machen könnten. So würde eine äußerst fragwürdige Abstandssonderregelung bei Agroforstsystemen von jeweils 20 Meter zu angrenzenden Nachbarfächen u.a. dafür sorgen, dass in der Praxis viele kleine oder mittlere Betriebe unzumutbaren Einschränkungen und massiven Benachteiligungen unterliegen. Angesichts dieser restriktiven Rahmenbedingungen könnten viele Agroforstsysteme künftig nicht angelegt werden, obwohl deren positiven Klima- und Umwelteffekte sowie deren ökonomischen Potentiale und Vorteilswirkungen in der Fachwelt als unbestritten gelten.

Unter dem Strich ergeben sich bei Anwendung dieser fragwürdigen Vorgabe aus ökologischer, ökonomischer, klimapolitischer oder sozialer Hinsicht kaum Vorteile, sondern vor allem schwerwiegende Nachteile. Daher gehört diese bürokratische Regelung sofort abgeschaftt! Die beteiligten AbL-Landesverbände rufen die Minister angesichts der bevorstehenden Konferenz nun zu einer entsprechenden Kurskorrektur auf.“

Bis Freitag tagen die deutschen Landwirtschaftsminister*innen, darunter auch die rheinland-pfälzische Ministerin Daniela Schmitt aus Alzey. Es geht um die neue Strategie zur Umsetzung der EU-Agrarpolitik. Auch soll eine alte Anbauweise gefördert werden, genannt Agroforst. Dabei sollen auf einem Acker statt nur einer einjährigen Frucht, wie z. B. Weizen, auch mehrjährige Gehölze angepflanzt werden. Das bringt viele Vorteile für Landwirtschaft, Klima und Natur.

Durch die teilweise Beschattung wird die Hitzeeinwirkung verringert, unter den Gehölzen entsteht Lebensraum für große und kleine Tiere, es entsteht ein Nahrungsangebot für Bienen und andere Bestäuber, der Wind wird auf der bisher kahlen Ackerfläche durch die hoch wachsenden Bäume und Büsche gebremst, wichtig z. B. zwischen Mainz-Ebersheim und Mainz-Hechtsheim, die Erosion wird vermindert, der Humusgehalt steigt, Co2 wird im Humus und im Holz gebunden, der Boden wird fruchtbarer, das entstehende Holz kann als Energielieferant genutzt werden, Wasser kann besser im Boden gespeichert werden was vor Überschwemmungen schützt und das Wachstum der Kulturen sichert, die Diversität der angebauten Produkte sichert das Einkommen des Betriebes, stabilisiert die Preise und sorgt für mehr Biodiversität. Die vorher kahle Landschaft wird durch die Bäume und Gehölze schöner und angenehmer für alle. Es gibt noch weitere Vorteile.

Der Deutsche Bauernverband hat die Vorteile schon erkannt und unterstützt Agroforst. Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) hat nun aber einen Brandbrief an die Landwirtschaftsminister*innen geschrieben. Deutsche bürokratische Vorgaben von Abständen der Gehölze zu Nachbarflächen von 2x20 Metern gefährden die Einführung von Agroforst. So muss nach den bisher geplanten Regeln die Anbaufläche mindestens 60 Meter breit sein, was im kleinstrukturierten Rheinland-Pfalz eine echte Hürde darstellt und völlig unnötig ist.

Den Appell der AbL an die Landwirtschaftsminister*innen, dringend dieses Hemmnis zu beseitigen unterstützt ANUK e.V.. „Das kostet kein Geld, schafft aber tolle Chancen für Arten, Natur, Umwelt und Klima“, so Franz Botens, Vorstand von ANUK e.V. „Die deutschen Landwirtschaftsminister*innen haben bis Freitag die Chance ihre Handlungsfähigkeit in der Klimakrise zu beweisen“ so Botens weiter.

Franz Botens
Vorsitz ANUK e.V.
www.anuk.info

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